Vom Skifahren und Snowboarden können wir aktuell leider nur träumen. Ein kleiner Wehmutstropfen waren die Schneefälle in den letzten Tagen, die uns überraschenderweise viel Schnee auch auf unseren Höhenlagen bescherten. Daraufhin wurden bereits der Heilsberg oder der Hohentwiel unsicher gemacht. Nicht in jedem Land stehen die Lifte still. Wir nehmen Euch mit in den Iran – Iran?! Ja genau. Unser Übungsleiter Stephan Reitze ist Diplomat und arbeitet dort für drei Jahre an der deutschen Botschaft. Wir haben mit ihm über Wintersport in Iran gesprochen. 

Thomas: Hallo Stephan. Wenn ich an Iran denke, komme ich nicht sofort auf Wintersport. Welche Möglichkeiten hast du, deinem Hobby nachzukommen? 

Stephan: Du meinst damit unser beider Hobby, Wintersport, richtig? Tatsächlich wesentlich mehr, als ich vorher gedacht hätte. Das nächstgelegene Skigebiet ist auf dem Tochal, dem Teheraner Hausberg. Es geht bis auf 3.900m hoch und bietet daher Schneesicherheit von November-Mai. Mit dem Auto brauche ich nur 15 Minuten bis zur Gondel. Interessanter sind aber Darbandsar und Dizin. Letzteres ist das größte Skigebiet hier, mit 18 Pistenkilometern und 13 Liftanlagen und geht es hoch bis auf 3.600m. Hier muss man leider ganze 1 ¼ Stunden hinfahren. 

Thomas: Wow, das hätte ich wirklich nicht gedacht. Vor allem die Höhen beeindrucken mich, da wir normalerweise auf den Gletschern nicht weit über 3.000m kommen. Was sind für dich die auffälligsten Unterschiede zu den Pisten und Anlagen hier in den Alpen?

Stephan: Überrascht hat mich die Qualität der Pistenpräparierung. Frühmorgens kann man sich die durch Pistenbullys geriffelten Hänge runterschwingen. Die Anlagen sind sehr unterschiedlich alt. Die Sessellifte sind alle (noch) ohne Heizung, Hauben und automatische Bügel. Quasi oldschool, ohne Schnickschnack. Dafür ist aber extrem wenig los und ich habe noch nie länger als fünf Minuten am Lift gewartet. Es gibt eine moderne Gondelanlage in Darbandsar, die könnte auch in den Alpen in den letzten Jahren in Betrieb genommen worden sein. Angenehm ist, dass man nur unten einmal die Karte braucht, dann einfach alle Lifte so nutzen kann. Après-Ski gibt es – jedoch anders als in Europa. In der Islamischen Republik ist Alkohol verboten, daher feiern die Leute hier zwar ebenso mit live DJs unten an der Piste. Aber statt „einen im Tee“ haben sie tatsächlich nur Tee im Becher. 

Thomas: Deine Beschreibungen erinnern mich auch an französische Wintersportgebiete; die sind manchmal auch oldschool (beide lachen). Wie würdest du das Niveau auf den Pisten beschreiben?

Stephan: Genau, manch alte Gondel erinnert mich an französische Gebiete! Bisher habe ich viele sehr gute Skifahrer gesehen. Bei den Snowboardern scheinen manche eher für Instagram-Posts zu kommen als für geschnittene Kurven. Da ich aber meist samstags fahren gehe (regulärer Arbeitstag für Iranerinnen und Iraner), sehe ich vielleicht eher die Ambitionierteren als die quer Abrutschenden. 

Thomas: Und fühlt sich der Schnee in Iran anders an als bei uns? 

Stephan: Der Schnee hat hier eine ausgezeichnete Qualität. Die Luft ist sehr trocken, daher ist auch der Schnee eher trocken. Es gibt keinen Pappschnee oder so, sondern richtig schönen Powder. Und auf den Höhen der Gebiete hier sind die Temperaturen natürlich entsprechend niedrig. Es gibt also dank des vielen Schnees eine gute Grundlage und dann noch super Fahreigenschaften. Komm doch mal vorbei und vergleich es! 

Thomas: Was ist bisher dein schönstes Erlebnis gewesen?

Stephan: Eigentlich ist jeder Skitag hier ganz besonders. Es scheint fast immer die Sonne, die Luft ist toll und auf den Pisten wenig los. Traumhaft ist der Ausblick auf dieser Höhe, das Zagros-Gebirge beeindruckt. Und von mancher Piste aus sieht man den schönen Kegel des Damavand – mit 5.600m der höchste Berg hier. 

Thomas: Wow, 5.600 ist mal ein Wort. Warum sollten wir dich noch in Iran besuchen kommen?

Stephan: Damit ihr das alles selbst erleben und mit den überteuerten Alpenskigebieten vergleichen könnt! Natürlich vor allem, damit wir gemeinsam diese tollen Wintersportbedingungen genießen können. Und, damit ihr euch von der Gastfreundschaft der Iranerinnen und Iraner überzeugen könnt. 

Thomas: Im Ski-Club zählt ja besonders das Miteinander. Mit wem kannst du im Iran unterwegs sein? 

Stephan: Alleine macht es auch hier nicht so viel Spaß auf der Piste wie gemeinsam. Mit dem Clöb wäre es natürlich noch viel besser, wäre bestimmt eine verrückte Ausfahrt! Aber auch mit Kolleginnen und Kollegen von der Botschaft oder meinen Nachbarn erfreuen wir uns an den vergleichsweise leeren Pisten und dem tollen Ausblick! Zufällig ist glücklicherweise auch meine Frau da, die muss immer mit mir Skifahren gehen. 

Thomas: Danke für das Gespräch.

Wer Stephan einmal direkt anschreiben möchte, kann das gern per Mail: s.reitze@skiclub-gottmadingen.de  

Das Gespräch führte Thomas Büchner.